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ÖPP-Projekte im Bundesfernstraßenbau weisen regelmäßig folgende Merkmale auf:

  • Die Leistungsbereiche Ausführungsplanung, Bau, Erhaltung und Betrieb eines längeren Streckenabschnittes werden einem Auftragnehmer gebündelt für 20 – 30 Jahre (sog. Lebenszyklus) zur Ausübung übertragen. Zudem muss der Auftragnehmer für die Bereitstellung einer anteiligen (selten vollständigen) Finanzierung sorgen. Zur Ausübung bedeutet, dass der Auftragnehmer auch bei ÖPP die Leistungen im Auftrag und für den Staat erbringt. Der Staat entledigt sich der Aufgabe also nicht, wie dies bei einer Privatisierung der Fall wäre, sondern er schaltet für die Erledigung der genannten Leistungsbereiche einen Privaten als Auftragnehmer ein.
  • Bei ÖPP gelten die gleichen technischen und rechtlichen Anforderungen für den Bau, Betrieb und die Erhaltung wie bei der konventionellen Beschaffung auch.
  • Hoheitliche Aufgaben gehen nicht auf den ÖPP-Auftragnehmer über (Ausnahme: Gebührenerhebung beim F-Modell).
  • Der öffentliche Auftraggeber schreibt die Leistungen in einem öffentlichen, europaweiten Vergabeverfahren aus und schließt den Vertrag mit demjenigen, der das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat. Wirtschaftlich bedeutet hier, dass nicht nur das wirtschaftlichste der eingereichten ÖPP-Angebote auszuwählen ist, sondern dass dieses auch mindestens ebenso wirtschaftlich wie eine etwaige konventionelle Umsetzung sein muss.
  • Die Vergütung, die der Auftragnehmer für die von ihm erbrachten Leistungen erhält, bemisst sich entweder vor allem nach der Lkw-Verkehrsmenge und dem Mauttarif (ggf. auch eine Einheitsmaut) (sog. A-Modell) oder der Verfügbarkeit und Qualität der Strecke für die Verkehrsteilnehmer (sog. V-Modell).
  • ÖPP-Zahlungsverpflichtungen des öffentlichen Auftraggebers werden im Bundeshaushalt für die gesamte Vertragslaufzeit ausgewiesen. Sie stellen also keine verdeckte Staatsverschuldung und/oder Umgehung der Schuldenbremse dar.
  • Bei ÖPP-Projekten im Bundesfernstraßenbau wird eine sog. Projektfinanzierung durch das Einbringen von Eigen- und Fremdkapital angewandt, jedoch keine Forfaitierung mit Einredeverzicht. Eine solche Forfaitierung mit Einredeverzicht würde dazu führen, dass ÖPP-Auftragnehmer ihre Forderungen aus dem ÖPP-Vertrag gegen den öffentlichen Auftraggeber ganz oder teilweise auf die finanzierenden Banken übertragen könnten und der öffentliche Auftraggeber diese Forderungen einredefrei stellen müsste.

Wirtschaftlichkeitspotenziale können sich bei ÖPP z. B. aus der Lebenszyklusbetrachtung, aus Skaleneffekten durch die Projektgröße, aus vertraglichen Anreizen, aus dem für ÖPP typischen Risikotransfer und dem privaten Finanzierungsanteil ergeben. Das eingebrachte Eigen- und Fremdkapital sorgt u. a. dafür, dass der Auftragnehmer und die Fremdkapitalgeber in besonderem Maße auf eine möglichst reibungslose und wirtschaftliche Projektumsetzung achten. Sie haben ein Eigeninteresse daran, dass sich ihre jeweiligen Risiken nicht realisieren oder aber im Fall des Eintritts übernommener Risiken, dass diesen so wirksam und wirtschaftlich wie möglich begegnet wird. Zudem kontrollieren die Fremdkapitalgeber (z. B. Banken, institutionelle Investoren) die Leistungserbringung und haben damit ebenfalls - neben der die Leistungen überwachenden Verwaltung - eine qualitätssichernde Funktion. Die Finanzierung hat somit nicht nur eine Liquiditätsfunktion, sondern entfaltet insbesondere auch eine eigene Anreizwirkung.