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Parkendes Flugzeug

Quelle: Fotolia / potowizard

1. Für Luftfahrzeugführer, Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeughalter

  • eines in der deutschen Luftfahrzeugrolle eingetragenen Luftfahrzeugs oder
  • eines anderen Luftfahrzeugs, für das die Bundesrepublik Deutschland die Verantwortung des Eintragungsstaats übernommen hat, oder
  • eines Luftfahrzeugs, welches in einem anderen Land registriert ist, aber unter einer deutschen Genehmigung nach § 20 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) oder nach Maßgabe des Rechts der Europäischen Union eingesetzt wird,

werden alle fliegerischen Betätigungen (Überflug, Start oder Landung) im Fluginformationsgebiet Sanaa (OYSC), befristet bis zum 13.06.2024 und unter dem Vorbehalt fortdauernder Überprüfung der Gefährdungslage, mit Ausnahme des Gebiets östlich der Luftstraße (airway) B400 (einschließlich) verboten. Für diese Ausnahme gilt eine flugbetriebliche Empfehlung der Risikostufe 1 (von 3), die per NOTAM (notice to air missions) bzw. im Aeronautical Information Circular (AIC) veröffentlicht wird.

2. Folgende Flüge im gesamten Fluginformationsgebiet Sanaa (OYSC) sind weiterhin zulässig:

  • Flüge, bei denen der Luftfahrzeugführer eine Notlage erklärt oder bei denen eine Notlage offensichtlich ist,
  • humanitäre Hilfsflüge, insbesondere Flüge mit kranken oder verletzten Personen, die sofortiger Hilfe bedürfen, einschließlich der Flüge, die zur lebenserhaltenden ärztlichen Versorgung von Kranken oder Verletzten dringend erforderlich sind,
  • Flüge im Namen oder im Auftrag der Vereinten Nationen (einschließlich Internationaler Organisationen innerhalb des VN-Systems, z.B. der IAEO),
  • Flüge im Auftrag der Bundesregierung.

3. Diese Allgemeinverfügung ergeht unter dem Vorbehalt des Widerrufs gemäß § 36 Absatz 2 Nummer 3 VwVfG.

Begründung

Die Allgemeinverfügung beruht auf § 26a Absatz 1 LuftVG. Danach kann das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) bei tatsächlichen Anhaltspunkten für eine erhebliche Gefährdung der Betriebssicherheit von Luftfahrzeugen für in § 1a Absatz 1 LuftVG genannte Luftfahrzeuge auch außerhalb des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland für alle oder bestimmte Beförderungsarten ein Überflug-, Start- oder Landeverbot verhängen, soweit keine völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen.

Seit der letzten Bedrohungs- und Risikoanalyse gemäß § 26a LuftVG des Luftfahrt-Bundesamts vom 28.09.2023 hat sich keine entscheidende Lageänderung ergeben.

Die Waffenruhe zwischen den Konfliktparteien, der saudi-arabisch geführten Militärallianz und der Huthi-Bewegung, die am 02.04.2022 erstmals verkündet und zuletzt am 02.08.2022 fortgeschrieben wurde, ist seit ihrem Auslaufen am 02.10.2022 nicht verlängert worden.

Die Waffenruhe ist dennoch teilweise wirksam, da auch nach ihrem Auslaufen keine bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den o. g. Konfliktparteien mehr stattgefunden haben. Sie ist aber keineswegs hinreichend belastbar.

Innerhalb Jemens dauern die gewaltsamen Auseinandersetzungen der Konfliktparteien, unter maßgeblicher Beteiligung der Huthis, an.

Entwicklungen seit der letzten Risikobewertung vom 28.09.2023:

  • Die Verhandlungen über eine dauerhafte Beilegung des Konfliktes zwischen Vertretern Saudi-Arabiens und den Huthis werden fortgesetzt.
  • Seit Oktober 2023 greifen die Huthis mit Drohnen und Raketen Ziele in Israel an. Die Angriffe konnten bislang erfolgreich abgewehrt werden.
  • Seit November 2023 bedrohen die Huthis die Seeschifffahrt insbesondere im südlichen Roten Meer, aber auch im westlichen Golf von Aden.
  • Seit Januar 2024 greift die US-Marine, mit Unterstützung anderer Staaten, zur Abwehr der Bedrohung der Seeschifffahrt Stellungen der Huthi an.

Durch Aktivitäten terroristischer Gruppierungen und kriegerische Auseinandersetzungen (Einsatz von Drohnen sowie Kurz- und Mittelstreckenraketen, Angriffe auf Flughafeninfrastruktur) besteht in Jemen weiterhin eine konkrete Bedrohung für den zivilen Luftverkehr. Eine Wiederaufnahme der Luftangriffe der saudi-arabisch geführten Militärallianz kann nicht ausgeschlossen werden.

Aus dieser Bedrohung ergibt sich ein konkretes Risiko (Risikostufe 3 (von insgesamt 3)) für die Sicherheit des zivilen Flugbetriebs.

Vor diesem Hintergrund ist es hinreichend wahrscheinlich, dass ziviler Flugverkehr, der den jemenitischen Luftraum nutzt, von gewaltsamen Aktionen betroffen sein wird und es in absehbarer Zeit zu einem Schaden an einem Luftfahrzeug kommt. Davon ausgenommen sind die im Tenor zu 2. genannten Bereiche sowie – nach erfolgter Überarbeitung – der im Tenor zu 1. genannte Bereich (Gebiet östlich der Luftstraße B400). Letzterer gehört zwar zur FIR Sanaa (OYSC), liegt aber über dem arabischen Meer in ausreichender Entfernung zu den Kampfhandlungen.

Es liegen mithin tatsächliche Anhaltspunkte für eine erhebliche Gefährdung der Betriebssicherheit von Luftfahrzeugen deutscher Luftfahrtunternehmen bei Flügen im Fluginformationsgebiet Sanaa (OYSC) vor. Da die Vorschrift des § 26a Absatz 1 LuftVG auch zum Erlass eines Flugverbots außerhalb des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland ermächtigt, kann das BMDV deutschen Luftfahrzeugen den Überflug, den Start oder die Landung auch für das Fluginformationsgebiet Sanaa (OYSC) untersagen. Völkerrechtliche Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland stehen nicht entgegen.

Der Erlass des Überflug-, Start- oder Landeverbots ist im Übrigen verhältnismäßig. Die Sperrung des Luftraums Jemens (OYSC) ist ein geeignetes Mittel, um der konkreten Gefahr für die Betriebssicherheit von Luftfahrzeugen und damit auch für Leib und Leben der Besatzung und Passagiere an Bord von deutschen Luftfahrzeugen bei Überflug, Start oder Landung in dem o.g. Gefahrengebiet zu begegnen. Indem die von dem Verbot unter 1. betroffenen Luftfahrzeuge nicht mehr starten, landen oder das genannte Gebiet überfliegen dürfen, wird von staatlicher Seite gewährleistet, dass weder die Betriebssicherheit deutscher Luftfahrzeuge gefährdet wird, noch Leib und Leben von Besatzung und Passagieren zu Schaden kommen.

Die Maßnahme ist auch erforderlich, weil kein anderes Mittel gleicher Eignung und Wirkung zur Verfügung steht, um den Schutz der Sicherheit des Luftverkehrs zu gewährleisten. Eine Empfehlung, bei der allein das Luftfahrtunternehmen bzw. der Luftfahrzeugführer die Verantwortung für die körperliche Unversehrtheit der Besatzung und Passagiere sowie der Betriebssicherheit des Luftverkehrs trägt, ist aufgrund der konkreten Gefahr im vorliegenden Fall nicht in gleicher Weise geeignet, den drohenden Schaden abzuwenden.

Das Verbot ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Aufgrund der mit der Maßnahme verbundenen Eingriffe in Rechte Dritter ist es angemessen, das Flugverbot auf vier Monate, bis zum 13.06.2024, zu befristen und unter den Vorbehalt fortdauernder Überprüfung der Gefährdungslage zu stellen.

Bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen kommt dem Schutz der allgemeinen Betriebssicherheit des Luftverkehrs im jemenitischen Luftraum ein besonderes Gewicht zu. Im Hinblick auf die dort stattfindenden kriegerischen Auseinandersetzungen und das Wissen um den Einsatz von für den Luftverkehr gefährlichen Waffen gebietet die Schutzpflicht des Staates auch unter Berücksichtigung der durch ein Flugverbot betroffenen Grundrechte der Luftfahrtunternehmen ein staatliches Einschreiten. Da die körperliche Unversehrtheit und das Leben der Besatzung und Passagiere beim Überflug, Start- oder Landung in einem Kriegsgebiet in erheblichem Maße gefährdet sind, ist es vorliegend gerechtfertigt, die Gewährleistung für den sicheren Betrieb des Luftfahrzeugs und den Schutz von Leib und Leben nicht allein in der Verantwortung des Luftfahrtunternehmens bzw. des Luftfahrzeugführers zu belassen, sondern durch ein staatliches Verbot sicherzustellen.

Auch die zugelassenen Ausnahmen von dem Flugverbot dienen der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Die von dem Flugverbot ausgenommenen Flüge im Tenor zu 2. bezwecken die Abwehr akuter Notlagen, die Durchführung humanitärer Maßnahmen oder die Wahrung hoheitlicher Interessen der Bundesrepublik Deutschland.

Der erneute Erlass eines Flugverbots für das Fluginformationsgebiet Sanaa (OYSC) steht im Einklang mit der Vorschrift des § 26a Absatz 2 LuftVG. Der Regelungsgehalt der Allgemeinverfügung ist inhaltsgleich mit den vorangegangenen Allgemeinverfügungen, die seit dem 15.10.2015 wiederholt erlassen wurden. Die Sicherheitslage für den zivilen Luftverkehr hat sich seitdem nicht wesentlich verbessert.

Regelmäßiger Fluglinienverkehr findet nicht statt.

Gemäß § 26a Absatz 3 LuftVG entfällt die aufschiebende Wirkung des zulässigen Rechtsbe-helfs.

Die Allgemeinverfügung erfolgt gemäß § 36 Absatz 2 Nummer 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) unter dem Vorbehalt des Widerrufs. Durch den Widerrufsvorbehalt wird sichergestellt, dass das BMDV zeitnah auf Situationsänderungen im Fluginformationsgebiet Sanaa (OYSC) reagieren kann und die belastende Wirkung der Allgemeinverfügung auf die notwendige Dauer beschränkt wird.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, erhoben werden.

Bonn, den 13.02.2024

Bundesministerium für Digitales und Verkehr
Abteilung Luftfahrt

Im Auftrag

gezeichnet
Johann Friedrich Colsman