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 Lkw parken auf einem Rastplatz
LKW parken auf einem Rastplatz

Quelle: Fotolia / Erwin Wodicka

Im Juli 2020 wurde das Gesetzgebungsverfahren auf Ebene der Europäischen Union zum Mobilitätspaket Teil I erfolgreich abgeschlossen.

Das Mobilitätspaket I trifft zahlreiche Neuregelungen in den Bereichen der Arbeitnehmerentsendung von Berufskraftfahrerinnen und -fahrern, des Markt- und Berufszugangs sowie der Sozialvorschriften. Damit sollen die Voraussetzungen für einen künftig sicheren, effizienteren und sozial verantwortlicheren Straßentransportsektor geschaffen werden. Es beseitigt außerdem unklare Vorschriften, die zu unterschiedlichen Rechtsauslegungen und Durchsetzungspraktiken in den einzelnen Mitgliedsstaaten geführt haben und sorgt so für EU-weite Rechtsklarheit.

Änderungen im Bereich Markt- und Berufszugang zum gewerblichen Güterkraftverkehr seit dem 21. Februar 2022:

Für den Bereich des Berufs- und Marktzugangs zum gewerblichen Straßengüterverkehr traten zum 21. Februar 2022 nachfolgend näher beschriebene Änderungen in Kraft.

Seit 21. Februar 2022 hat der Unternehmer die Nutzung seiner Fahrzeugflotte so zu organisieren, dass sichergestellt ist, dass Fahrzeuge, die dem Unternehmen zur Verfügung stehen und in der grenzüberschreitenden Beförderung eingesetzt werden, spätestens acht Wochen nach Verlassen Deutschlands zu einer der Betriebsstätten des Unternehmens in Deutschland zurückkehren (vgl. Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b) der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009). Dies betrifft auch Fahrzeuge, die dem Unternehmen aufgrund von Mietverträgen o. Ä. zur Verfügung stehen. Auch wenn diese Fahrzeuge im Ausland angemietet wurden, jedoch von der Niederlassung des Unternehmens in Deutschland eingesetzt werden, müssen diese nach spätestens acht Wochen nach Deutschland zurückkehren.

Ein ausführlicher Katalog mit Fragen und Antworten zum Thema Rückkehrpflicht der Fahrzeuge findet sich auf der Webseite der Europäischen Kommission.

Seit 21. Februar 2022 dürfen Güterkraftverkehrsunternehmen innerhalb von vier Tagen nach Ende ihrer Kabotagebeförderung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union keine weiteren Kabotagebeförderungen mit demselben Fahrzeug oder im Fall einer Fahrzeugkombination mit dem Kraftfahrzeug desselben Fahrzeugs im selben Mitgliedstaat durchführen. Die Frist von vier Tagen beginnt um 0:00 Uhr des Tages, der auf den Tag folgt, an welchem die letzte Kabotagebeförderung beendet wurde (Entladung).

Ein ausführlicher Katalog von Fragen und Antworten Rund um das Thema Kabotage findet sich auf der Webseite der Europäischen Kommission.

Seit 21. Mai 2022 benötigen Unternehmen, die grenzüberschreitende Beförderungen mit Fahrzeugen (Kraftfahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen) durchführen, die eine zulässige Gesamtmasse von mehr als 2,5 Tonnen haben, eine Gemeinschaftslizenz nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009. Voraussetzung ist, dass der Unternehmer die Berufszugangsvoraussetzungen nach der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 erfüllt. Hinsichtlich der nach Artikel 8 erforderlichen fachlichen Eignung, welche grundsätzlich durch eine Fachkundebescheinigung der IHK nachzuweisen ist, haben sich Bund und Länder darauf verständigt, von der Möglichkeit des Artikels 9 Absatz 2 Gebrauch zu machen, sodass Personen, die ein Güterkraftverkehrsunternehmen leiten, das nur Kraftfahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen mit einer zulässigen Gesamtmasse von höchstens 3,5 t nutzt, von der in Artikel 8 Absatz 1 genannten Prüfung auf Antrag befreit werden können, sofern sie nachweisen können, dass sie in dem Zeitraum von 10 Jahren vor dem 20. August 2020 ohne Unterbrechung ein Unternehmen derselben Art geleitet haben. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist im Rahmen der Antragstellung vom Antragsteller durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachzuweisen.

Diesbezügliche Anträge auf Erteilung einer Gemeinschaftslizenz können bei den nach Landesrecht zuständigen Behörden gestellt werden.

Für rein nationale Beförderungen ist eine güterkraftverkehrsrechtliche Berechtigung weiterhin erst bei Nutzung von Fahrzeugen (Kraftfahrzeug oder Fahrzeugkombination) mit mehr als 3,5 t zulässiger Gesamtmasse erforderlich.

Spezifische Entsenderegelungen für den Straßenverkehrssektor

Seit 2. Februar 2022 gelten die Regelungen des Mindestlohngesetzes im Einklang mit der Richtlinie (EU) 2020/1057 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2020 zur Festlegung besonderer Regeln im Zusammenhang mit der Richtlinie 96/71/EG und der Richtlinie 2014/67/EU für die Entsendung von Kraftfahrern im Straßenverkehrssektor und zur Änderung der Richtlinie 2006/22/EG bezüglich der Durchsetzungsanforderungen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012.

Alle notwendigen Informationen finden Sie auf der Webseite des Zolls.

Bitte beachten Sie zudem, dass das Fahrpersonal ebenfalls seit 2. Februar 2022 gemäß Artikel 34 Absatz 7 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 in der durch das Mobilitätspaket I geänderten Fassung das Symbol des Landes in den digitalen Fahrtenschreiber eingeben muss, in das es nach Überqueren einer Grenze eines Mitgliedstaats einreist. Diese Eingabe muss zu Beginn des ersten Halts in diesem Mitgliedstaat erfolgen. Der erste Halt muss auf dem nächstmöglichen Halteplatz an oder nach der Grenze stattfinden. Wird die Grenze eines Mitgliedstaats mit dem Fährschiff oder der Eisenbahn überquert, so muss das Symbol des Landes im Ankunftshafen oder -bahnhof eingegeben werden.

Sozialvorschriften im Straßenverkehr

Die Neuregelungen im Bereich der Sozialvorschriften gelten zu einem großen Teil bereits seit dem 20. August 2020. Im Folgenden geben wir einen Überblick über die wichtigsten Änderungen:

Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 wurde dahingehend reformiert, dass er nunmehr ausdrücklich und unmissverständlich festlegt, dass die reguläre Wochenruhezeit nicht im Fahrzeug verbracht werden darf. Zuvor war dieses Verbot nicht ausdrücklich im Rechtstext geregelt, sondern lediglich im Umkehrschluss aus den Regelungen des Artikels 8 ableitbar gewesen und hat damit einen unerwünschten Interpretationsspielraum geschaffen. Der EuGH hatte das Verbot bereits im Jahr 2017 höchstrichterlich bestätigt. Mit der Neuregelung gibt es nun keinen Zweifel mehr daran, dass die regulären wöchentlichen Ruhezeiten und jede andere wöchentliche Ruhezeit von mehr als 45 Stunden, die als Ausgleich für eine vorherige verkürzte wöchentliche Ruhezeit eingelegt wird, nicht im Fahrzeug oder auf Parkflächen verbracht werden dürfen. Die genannten Ruhezeiten sind – sofern der Fahrer nicht ohnehin an seinen Wohnort zurückkehrt – in geeigneten und geschlechtergerechten Unterkünften mit angemessenen Schlafgelegenheiten und sanitären Einrichtungen zu verbringen. Die Kosten für diese Unterbringung sind vom Arbeitgeber zu tragen.

Die Verkehrsunternehmen müssen jetzt die Arbeit ihrer Fahrerinnen und Fahrer außerdem so planen und organisieren, dass es ihnen innerhalb eines jeden Vier-Wochen-Zeitraumes mindestens einmal ermöglicht wird, an ihren Wohnsitz oder an die im Niederlassungsmitgliedstaat des Arbeitgebers gelegene Betriebsstätte des Arbeitgebers, der sie normalerweise zugeordnet sind, zurückzukehren, um dort eine Wochenruhezeit von mindestens 45 Stunden einzulegen. Das Unternehmen muss dokumentieren, wie es diese Verpflichtung erfüllt, die entsprechenden Unterlagen in seinen Geschäftsräumen aufbewahren und diese den zuständigen Kontrollbehörden auf Verlangen vorlegen. Es handelt sich um eine Organisationsverpflichtung der Unternehmen. Diese Verpflichtung der Unternehmen berührt nicht die Willensfreiheit der Fahrerinnen und Fahrer. Die Fahrerinnen und Fahrer können das Unternehmen nicht von dieser Organisationsverpflichtung entbinden (zum Beispiel durch schriftliche Erklärungen).

Von dieser Organisationsverpflichtung der Unternehmen streng zu trennen ist die im Rahmen der Regelungen über den Berufszugang (Verordnung (EG) Nr.1071/2009) ab 2021 geltende regelmäßige Rückkehrverpflichtung der Fahrzeuge. Die Unternehmen sind verpflichtet, sicherzustellen, dass Fahrzeuge, die dem Unternehmen zur Verfügung stehen und in der grenzüberschreitenden Beförderung eingesetzt werden, spätestens acht Wochen nach Verlassen des Mitgliedstaats zu einer der Betriebsstätten des Unternehmens in diesem Mitgliedstaat zurückkehren.

Fahrerinnen und Fahrer, die im grenzüberschreitenden Güterverkehr tätig sind, können außerhalb des Niederlassungsmitgliedstaats ihres Unternehmens künftig zwei aufeinanderfolgende reduzierte Wochenruhezeiten einlegen. Dies gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der Fahrer in vier jeweils aufeinanderfolgenden Wochen mindestens vier wöchentliche Ruhezeiten einlegt, von denen zwei reguläre wöchentliche Ruhezeiten sein müssen. Wurden zwei reduzierte wöchentliche Ruhezeiten nacheinander eingelegt, ist die nächste Ruhezeit – als Ausgleich für diese zwei reduzierten wöchentlichen Ruhezeiten – vor der darauffolgenden wöchentlichen Ruhezeit einzulegen.

Die Verbesserung der Sicherheit von Parkflächen ist ebenfalls Bestandteil des Mobilitätspakets Teil I. Es verpflichtet die Europäische Kommission, sicherzustellen, dass Berufskraftfahrerinnen und -fahrer im Straßengüter- und Straßenpersonenverkehr leichten Zugang zu Informationen über sichere und gesicherte Parkflächen haben. Hierzu veröffentlicht die Europäische Kommission eine Liste mit zertifizierten Parkflächen, die die folgenden Ausstattungsmerkmale vorweisen:

  • sie ermöglichen das Erkennen und Verhindern von unberechtigtem Eindringen,
  • sie verfügen über angemessene Beleuchtung und Sichtverhältnisse,
  • sie haben eine Kontaktstelle für Notfälle,
  • sie sehen geschlechtergerechte sanitäre Einrichtungen und Möglichkeiten zum Kauf von Lebensmitteln und Getränken vor,
  • sie verfügen über Kommunikationsverbindungen und eine angemessene Stromversorgung.

Die entsprechende Liste dieser Parkflächen stellt die Europäische Kommission auf ihrer Webseite zur Verfügung.

  • Der EU-Gesetzgeber hat im Rahmen des Mobilitätspakets Teil I auch dem Umstand Rechnung getragen, dass es unvorhersehbare Situationen geben kann, in denen die Fahrerinnen und Fahrer nicht in der Lage sind, den Ort, an dem sie planen, ihre wöchentliche Ruhezeit zu verbringen, im Einklang mit den gesetzlich vorgeschriebenen täglichen oder wöchentlichen Höchstlenkzeit zu erreichen. Deshalb dürfen Fahrerinnen und Fahrer die tägliche und die wöchentliche Lenkzeit um bis zu eine Stunde überschreiten, um die Betriebsstätte ihres Arbeitgebers oder den eigenen Wohnsitz zu erreichen, um dort eine reguläre Wochenruhezeit einzulegen.
  • Haben die Fahrerinnen und Fahrer vor der oben genannten und aus unvorhersehbaren Situationen resultierenden zusätzlichen Lenkzeit eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von 30 Minuten eingelegt, dürfen sie ihre Lenkzeit ausnahmsweise um zwei Stunden verlängern. Auch hier gilt dies nur unter der Voraussetzung, dass sie die Betriebsstätte ihres Arbeitgebers oder ihren Wohnort ansteuern, um dort eine reguläre Wochenruhezeit einzulegen.
  • Sämtliche Lenkzeitverlängerungen werden durch gleichwertige Ruhepausen ausgeglichen und unterliegen der Dokumentationspflicht.

Wichtig: Es ist bei Anwendung dieser Ausnahmeregelungen sicherzustellen, dass die Sicherheit im Straßenverkehr zu keinem Zeitpunkt gefährdet wird.

Die Regelungen sehen außerdem vor, dass auch kleine Nutzfahrzeuge, deren zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 2,5 Tonnen übersteigt und die im grenzüberschreitenden Güterverkehr oder für Kabotagebeförderungen eingesetzt werden, ab dem Jahr 2026 in den
Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 über die Lenk- und Ruhezeiten einbezogen werden.

  • Im Zuge des Mobilitätspakets Teil I wurden auch die Weichen für die künftige Nutzung des intelligenten Fahrtenschreibers im grenzüberschreitenden Verkehr gestellt. Durch Einführung der zweiten Version des intelligenten Fahrtenschreibers, der in Zukunft auch Grenzüberfahrten sowie Be- und Entladungsorte speichert, soll unter anderem durch eine genauere Positionsbestimmung die Sicherheit im Straßenverkehr erhöht und die Kontrollierbarkeit der Einhaltung verbindlicher Sozialstandards (Lenk- und Ruhezeiten, Arbeitszeitregelungen, Entsenderecht) sowie der Marktzugangsregelungen verbessert werden.
    Die geänderten technischen Spezifikationen zur Implementierung des intelligenten Fahrtenschreibers der zweiten Version können der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1228 vom 16. Juli 2021 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) 2016/799 zur Festlegung der Vorschriften über Bauart, Prüfung, Einbau, Betrieb und Reparatur von intelligenten Fahrtenschreibern und ihren Komponenten entnommen werden. Diese kann hier abgerufen werden.
  • Die Implementierung der intelligenten Fahrtenschreiber der zweiten Generation erfolgt zeitlich gestaffelt:

    • Neufahrzeuge sind ab Spätsommer 2023 auszustatten;
    • Fahrzeuge mit analogem oder digitalem Fahrtenschreiber, die im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt werden, sind bis Winter 2024 mit dem intelligenten Fahrtenschreiber der zweiten Version nachzurüsten;
    • Fahrzeuge mit intelligentem Fahrtenschreiber der ersten Version, die im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt werden, sind bis Herbst 2025 mit dem intelligenten Fahrtenschreiber der zweiten Version nachzurüsten. Es bestehen Sonderregelungen beim Ersatz von defekten intelligenten Fahrtenschreibern der ersten Version. Diese sind ebenfalls ab Spätsommer 2023 mit einem intelligenten Fahrtenschreiber der zweiten Version zu ersetzen.

An dieser Stelle wird auch auf die Fragen und Antworten zur Umsetzung des Mobilitätspakets 1 verwiesen, die auf der Webseite der Europäischen Kommission veröffentlicht sind: