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SAR Rettungskommando

Quelle: Fotolia / Martina Berg

Schiffskollision in der Deutschen Bucht: Aus einem der Havaristen tritt Öl aus und treibt auf die Küste zu. Auf dem anderen Havaristen ist ein Feuer im Ladebereich ausgebrochen und muss schnellstmöglich bekämpft werden. Am Horn von Afrika wird ein deutsches Handelsschiff von Piraten überfallen und setzt per Funk einen „stillen Alarm“ ab. An der deutschen Küste werden Pakete mit Rauschgift gefunden.
Dies sind denkbare oder sogar schon eingetretene Fälle, in denen sofort das „Gemeinsame Lagezentrum See“ (GLZ-See) im Maritimen Sicherheitszentrum (MSZ) in Cuxhaven benachrichtigt wird. Dort fließen alle relevanten Informationen unterschiedlicher Dienststellen zu einem permanenten Lagebild zusammen, das allen Partnern zur Verfügung gestellt wird. Und natürlich werden unverzüglich alle erforderlichen Maßnahmen eingeleitet.
Das GLZ-See ist der operative Kern des MSZ. Die Kolleginnen und Kollegen der maritimen Sicherheitsbehörden befassen sich hier rund um die Uhr mit der Überwachung des Seeraums in den deutschen Küstengewässern, der Gefahrenabwehr und der Verbesserung des Unfallmanagements.
In einem Mitte 2016 bezogenen Neubau steht den erfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern modernste Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung, um im Einzelfall flexibel und schnell zu reagieren und für die Sicherheit der Seeschifffahrt zu sorgen.

Kompetenz vor Ort

Im MSZ arbeiten zusammen:

  • Bundespolizei
  • Zoll
  • Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung
  • Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
  • Deutsche Marine
  • Wasserschutzpolizeien der Küstenländer
  • Havariekommando

Jederzeit ein Überblick der aktuellen Sicherheitslage

Der Koordinator im GLZ-See sorgt für das reibungslose Miteinander im Alltagsbetrieb. Denn auch an Tagen ohne Notfalleinsatz erfüllen die Kolleginnen und Kollegen im MSZ wichtige Aufgaben: So werden hier zum Beispiel verschiedene Daten (Schiffsverkehr, Meteorologie, besondere Ereignisse) zu einem täglichen Lagebild für die gesamte deutsche Küste zusammengeführt.

Mehr Sicherheit für alle

Das MSZ ist ein Kommunikations- und Kooperationsnetzwerk der operativen Kräfte des Bundes und der Küstenländer. Die Partner nehmen ihre Aufgaben innerhalb des Netzwerkes effizient und effektiv wahr. Die Netzwerkstruktur ermöglicht Flexibilität: Die hochspezialisierten Kompetenzen der einzelnen Partner bleiben erhalten, gleichzeitig ist eine der jeweiligen Situation angepasste Bündelung von Kräften möglich. Damit ist Deutschland in Europa und weltweit ein Vorbild für viele Küstenstaaten geworden.

Timeline

Dezember 2004Bundestagsbeschluss zur Optimierung der Küstenwache
September 2005Verwaltungsvereinbarung für ein Maritimes Sicherheitszentrum (MSZ) in Cuxhaven
Januar 2007Arbeitsbeginn des Gemeinsamen Lagezentrums See (GLZ-See) des MSZ im Betriebsgebäude des Wasser- und Schifffahrtsamtes Cuxhaven
Dezember 2011Beitritt der Deutschen Marine zur Verwaltungsvereinbarung des MSZ
April 2013Errichtung der Bundesleitstelle See
Juni 2016Beginn des Probebetriebs im neuen Gebäude des MSZ
Januar 2017Beginn des Wirkbetriebs im neuen Gebäude des MSZ
09. Februar 2017Feierliche Eröffnung des neuen Gebäudes

Die Havarie der Pallas hat gezeigt, dass eine effektive Koordinierung der zuständigen Behörden für die Abwehr der von Havarien ausgehenden Gefahren essentiell ist. Der Bund und alle fünf Küstenländer haben daher im Jahr 2003 das Havariekommando geschaffen, um ein gemeinsames Umfallmanagement auf Nord- und Ostsee zu gewährleisten und die Verantwortung für Planung, Vorbereitung, Übung und Durchführung von Maßnahmen des maritimen Notfallmanagements in einer gemeinsamen Einrichtung zu bündeln.

Im Alltagsbetrieb ist das Havariekommando ein Kompetenzzentrum mit einem Lagezentrum im 24-Stunden-Betrieb sowie verschiedenen Fachbereichen, die die jeweils möglichen Teilaspekte einer Havarie konzeptionell bearbeiten und für den Einsatzfall Taktiken und Vorgehensweisen erarbeiten. Die Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist für die Außendarstellung des Havariekommandos und für die Koordinierung der Öffentlichkeitsarbeit während einer komplexen Schadenslage zuständig.
Im Einzelnen handelt es sich dabei um
• das Maritime Lagezentrum
• den Fachbereich Schadstoff- und Schiffsunfallbekämpfung See,
• den Fachbereich Schadstoffbekämpfung Küste,
• den Fachbereich Brandbekämpfung und Verletztenversorgung,
• die Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

Bei komplexen Schadenslagen wird ein Havariestab einberufen, der das einheitliche und koordinierte Vorgehen aller Einsatzkräfte des Bundes und der Küstenländer ermöglicht. In der Einsatzorganisation besetzen die Mitarbeiter des Kompetenzzentrums den Havariestab.

Das Maritime Lagezentrum (MLZ), ist im 24-Stunden Dienstbetrieb mit erfahrenen Nautikern besetzt. Im Maritimen Lagezentrum wird ständig ein aktuelles, maritimes Lagebild vom deutschen Hoheitsgebiet in Nord- und Ostsee erstellt, wobei auch Mitteilungen der Nord- und Ostseeanrainerstaaten einfließen. Dabei werden alle Informationen über Umstände, die für die Bekämpfung einer komplexen Schadenslage erheblich sein können, gesammelt, aufbereitet, bewertet und gesteuert, erforderlichenfalls Alarmierungen ausgelöst und Sofortmaßnahmen eingeleitet.

Eine der zentralen im Havariekommando wahrgenommenen Aufgaben ist die Schadstoff- und Schiffsunfallbekämpfung. Der Bund setzt mehrere Gewässerschutzschiffe in Mehrzwecknutzung ein. Die Küstenländer halten eine Anzahl von kleineren Spezialschiffen sowie andere Spezialfahrzeuge zur küstennahen Bekämpfung. vor.
Darüber hinaus werden vom Bund für die Schadstofferkennung sowie für die Einweisung von Bekämpfungskapazitäten auf See zwei Flugzeuge (Typ Dornier DO 228) eingesetzt.

Ausgehend von der Erkenntnis, dass rasche Schlepperhilfe für die Bewältigung einer Vielzahl von Havariekonstellationen entscheidend ist, hat die Bundesregierung ein nationales Notschleppkonzept entwickelt, da private Schlepper nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen. In der Nordsee sind zwei Gewässerschutzschiffe und ein sehr starker Hochseeschlepper und in der Ostsee zwei Gewässerschutzschiffe und drei Notschlepper in Einsatzbereitschaft. In 2010/2011 erfolgte der Ersatz von Notschleppern durch leistungsstärkere und moderne Typen. Der Nordseeschlepper „Oceanic“ (178 t Pfahlzug BP) wurde durch die „Nordic“ (201 t BP und vollem Gasschutz) sowie der Ostseeschlepper „Fairplay 26“ (63 t BP) durch die „Baltic“ (127 t BP) ersetzt. Durch die strategische Positionierung der Notschlepper können Havaristen in maximal zwei Stunden erreicht werden. Damit sind die Vorgaben des nationalen Notschleppkonzepts umgesetzt. Mit diesem Konzept ist die Bundesrepublik Deutschland auch im internationalen Vergleich sehr gut aufgestellt.

Das Verfahren zur Gewährung von Notliegeplätzen richtet sich nach der Richtlinie 2002/59 EG über die Einrichtung eines gemeinschaftlichen Überwachungs- und Informationssystem für den Schiffsverkehr, die durch die Richtlinie 2009/17 EG ergänzt wurde. In Deutschland wird dieses Verfahren durch die Bund-Länder-Vereinbarung über die Zuweisung von Notliegeplätzen auf See mit komplexer Schadenslage, in Kraft getreten am 11. März 2005 umgesetzt (VkBl. 2005 S.301).

Wesentliches Ziel der Bundesregierung ist es, dem Leiter des Havariekommandos die Möglichkeit einzuräumen, Havaristen zur Abwicklung von komplexen Schadenslagen einen Notliegeplatz verbindlich zuzuweisen. Bei einer solchen Zuweisung handelt es sich immer um eine Einzelfallentscheidung, die sowohl das konkrete Gefährdungspotential des Havaristen, als auch den für den speziellen Fall geeigneten Notliegeplatz berücksichtigt. Im Rahmen dieser Entscheidung werden alle örtlich zuständigen Stellen einbezogen.

Das deutsche Notliegeplatzkonzept sieht wie das der meisten anderen EU-Mitgliedstaaten keine ausdrückliche Ausweisung von Notliegeplätzen vor. Vielmehr wird grundsätzlich jede geschützte Wasserfläche als geeigneter Notliegeplatz angesehen.

Entsprechend diesem Konzept wird eine umfassende Datensammlung mit den Eigenschaften aller in Frage kommender Liegeplätze für Schiffe in komplexer Schadenslage angelegt und vom Havariekommando gepflegt.

Als Resonanz auf den sehr schweren Seeunfall der MSC Flaminia im Jahr 2012 wurde durch die Europäische Kommission eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die Verfahrens-Leitlinien für die Vergabe von Notliegeplätzen entwickelt hat. Diese Leitlinien haben den Charakter einer freiwilligen Selbstverpflichtung und ergänzen die oben genannte Bund-Länder-Vereinbarung für Einsatzlagen im internationalen Bereich. Sie sind abrufbar unter Schadstoff- und Schiffsunfallbekämpfung See.

Der Fachbereich Brandbekämpfung und Verletztenversorgung erarbeitet Grundsätze für den Einsatz von Feuerwehren und Notärzten auf See. Er konzipiert und organisiert die medizinische Versorgung einer Vielzahl vom Verletzten und Kranken, die Brandbekämpfung, die allgemeine technische Hilfeleistung.
Zu diesem Zweck werden Feuerwehreinheiten vieler deutscher Küstenstädte eingesetzt. Hierbei wird auch die Zusammenarbeit dieser Feuerwehren mit verschiedenen Behörden und Organisationen, die Schiffe und Hubschrauber zum Einsatz bringen können, koordiniert

Unabhängig von den Aufgaben des Havariekommandos ist der Bund verpflichtet, einen Seenotrettungsdienst vorzuhalten. Mit Vertrag vom 11.03.1982 hat er diese Aufgabe der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) übertragen. Ausschließlich durch Spenden und Zuwendungen finanziert, betreibt sie neben den 60 Rettungsschiffen auch die SEENOTLEITUNG BREMEN, die rund um die Uhr mit erfahrenen Nautikern und Funkern besetzt ist. Sie hat eine Doppelfunktion: Sie ist nicht nur die Betriebsführungszentrale für die 60 eigenen Rettungseinheiten der Seenotretter, sondern auch die national zuständige Koordinierungsstelle für alle Maßnahmen des maritimen Such- und Rettungsdienstes in den deutschen Gebieten von Nord- und Ostsee, für den die DGzRS zuständig ist.
Weiterführende Informationen: https://www.seenotretter.dehttps://www.seenotretter.de