Alle aktuellen Inhalte Alle aktuellen Inhalte
Regina Poth

Quelle: Stadt Aachen

Von 1973 bis 1980 habe ich Bauingenieurwesen an der RWTH Aachen studiert. Das technische Referendariat absolvierte ich von 1982 bis 1984 in Nordrhein-Westfalen in der Fachrichtung Stadtbauwesen und schloss es 1984 als Assessorin ab. Berufsbegleitend habe ich später noch zwei Aufbaustudiengänge ergänzt: von 1986 bis 1995 Tropentechnologie an der FH Köln und 2007 Nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit an der Universität Kaiserslautern.

Verkehrsplanung - national und international

Im Anschluss an das technische Referendariat arbeitete ich zunächst ein halbes Jahr bei einem Ingenieurbüro und wechselte dann zu den Kölner Verkehrsbetrieben, für die ich bis 1989 tätig war. Zu meinen dortigen Aufgaben gehörten konzeptionelle Netzplanung und Gleisentwurf, als Sonderaufgabe die Sanierung und Bebauung einer Mülldeponie mit Grundwasserabdichtung, Spezialverdichtung und Deponiegasabwehr, sowie die Konzeption von Rasengleisen und Baumpflanzungen an Haltestellen. Auch einen interessanten internationalen Aspekt gab es: die Erstellung bzw. Prüfung der Projektunterlagen für Stadtbahnprojekte in den türkischen Städten Konya, Kayseri und Bursa.

Seit Anfang 1990 bin ich bei der Stadt Aachen beschäftigt. Interaktive Verkehrsentwicklungsplanung und die Durchführung von Partizipationsverfahren, Baustellenkoordinierung und Entwicklung neuer Bauweisen im Straßenbau, die Vorstellung des städtischen Verkehrskonzeptes bei Kongressen im In- und Ausland, die Mitarbeit in einer europäischen Arbeitsgruppe zur Formulierung der Anforderungen an das Wohnumfeld sowie nicht zuletzt Fachveröffentlichungen zu verschiedenen technischen Themen prägten und prägen mein Aufgabenfeld. Derzeit leite ich in der Funktion einer Städtischen Baudirektorin die Abteilung für Straßenplanung und -bau sowie die Koordinierungsstelle Abwasser.

Unterbrochen wurde meine Arbeit in Aachen durch einen Auslandseinsatz im Auftrag des Deutschen Entwicklungsdienstes: Von 2003 bis 2006 war ich für die Stadtverwaltung Kigali, die Hauptstadt Ruandas, tätig. Ich habe dort zusammen mit Kollegen aus einheimischen und internationalen Institutionen ein Handbuch der städtischen Infrastruktur verfasst sowie traditionelle Partizipationsverfahren unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten erfasst und angewendet. Die Bautechnik, aber auch die Organisationsstrukturen sind dort natürlich ganz anderen Rahmenbedingungen unterworfen als in Deutschland.

Planen, beteiligen, vermitteln

Verkehrs- und Straßenplanung umfassen ein breites und spannendes Aufgabenspektrum – zuvorderst natürlich die Betreuung von Projekten in allen Planungs- und Umsetzungsphasen, aber auch die Beteiligung an öffentlichen Diskussions- und Entscheidungsprozessen, der Kontakt zu Bürgern, Interessenvertretern, Politikern und Medien, sowie die Mitwirkung an der Entwicklung technischer Neuerungen. Dabei ist mir die Diskussion mit den interessierten und betroffenen Bürgern ein besonderes Anliegen. Inzwischen blicke ich auf etwa 250 Veranstaltungen dieser Art zurück. Und schließlich ist die Vermittlung praktischer Erfahrungen an Schüler, Studenten, Referendare, Kollegen, Bürgerschaft und Pressevertreter eine der spannenden Herausforderungen meiner Arbeit.

Natürlich trage ich seit Übernahme meiner ersten Leitungsposition 1984 auch Personalverantwortung: für bis zu 55 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Abteilungen für Gleisbau und Straßenbau sowie im Amt für Verkehrsanlagen.

Referendariatsstation als Laufbahneinstieg

Mein technisches Referendariat hat mir die Chance eröffnet, auf kommunaler Ebene ein eigenes Projekt zu bearbeiten. Gerne erinnere ich mich auch an eine Exkursion nach Venedig mit Einblick in die dortige Stadtplanung. Und natürlich war die Station bei den Kölner Verkehrsbetrieben ein entscheidender Meilenstein: Sie ermöglichte mir später den Einstieg in die anschließende berufliche Laufbahn.

Das Referendariat – richtig angelegt und genutzt – schafft eine fachliche, rechtliche und organisatorische Basis, die in ihrer Praxisorientierung weit über die im Studium vermittelten Kenntnisse hinaus geht: Es vermittelt rechtliche, verwaltungs- und finanzierungstechnische Grundlagen, Kenntnisse der Verwaltungs- und Entscheidungsstrukturen vor Ort und nicht zuletzt Leitungs- und Organisationskompetenz.

Austausch und Fachdiskussion

Ehemalige Referendarskolleginnen und -kollegen, aber auch damalige Ausbilderinnen und Ausbilder sind bis heute wichtige Ansprechpartner bei Rückfragen zu praktischen Fragestellungen und für einen Erfahrungsaustausch. Zu einigen Referendarskollegen habe ich nach mittlerweile 30 Jahren immer noch Kontakt, den ich bei Bedarf nutze, um spezielle Anliegen fachlich fundiert zu diskutieren.

Technisches Referendariat: Vermittlung vernetzten Denkens

Im öffentlichen Dienst nimmt die Bedeutung verfahrenstechnischer und juristischer Aspekte zu. Darauf bereitet das Studium immer noch unzureichend vor. Das Referendariat stellt eine sinnvolle Ergänzung der technischen Kenntnisse dar, nicht nur für eine Tätigkeit innerhalb der Behörden, sondern auch bei den externen Betrieben, die häufig für und mit Behörden arbeiten. Angehenden Referendarinnen und Referendaren empfehle ich, die einzelnen Stationen in der Verwaltung vor allem zur praktischen Mitarbeit zu nutzen. Die Bearbeitung konkreter Projekte schärft den Blick für die rechtlichen, finanziellen und fachlichen Zusammenhänge.

Der öffentliche Dienst hat in der Bevölkerung immer noch den Ruf geringer Flexibilität, verknöcherter Strukturen usw. Tatsächlich ist die Arbeit gerade im kommunalen Bereich geprägt durch den Dienstleistungsgedanken. Dies erfordert fundiertes Fachwissen rechtlicher, finanztechnischer und bautechnischer Natur, Flexibilität, Diskussionsfähigkeit, Kompromissbereitschaft. Die Vielzahl der Beteiligten und deren unterschiedliche Interessen setzen die Fähigkeit zu vernetztem Denken voraus. Genau diese Fähigkeiten werden im technischen Referendariat vermittelt.